M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette
Wo man den ohne grund / den faulen hund / den bauch /
den lebendigen tod mit sauffen vnd mit fressen /
Mit leckerey vnd mast / mit stopfen vnd mit pressen /
Als einen abgott / ehrt: wo man des magens schlauch /
Zu füllen tag vnd nacht / hält für einn steten brauch /
Vnd wo hertz hirn vnd geist vom sauf=geist ist besessen /
Da ist der heilge geist vnd gottes forcht vergessen /
Da ist vernunft / verstand vnd ehrbarkeit nur rauch.
Die tumme drunckenheit ist aller laster zunder;
Der schlimsten lüste fewr; der ärgsten sünden plunder;
Ja aller ehren gift / vnd aller tugend tod.
Daß nu / mit drunckenheit dich nicht die alte schlange /
Wenn du dichs nicht versiehst / gantz hinterlistig fange /
So hüte dich mit fleiß / sonst stürtzt sie dich in noth.
Wie deucht dich / solte Gott das liegen vnd nicht schlafen /
Das wachen ohne ruh / das haben ohne brauch /
Das brauchen ohne nutz / den schädelichen rauch /
Den abschewlichen grind vnd räub an seinen schafen
Das tödten ohne hand / das morden ohne wafen
Das sterben ohne tod / die todesfurcht / vnd auch
Die lebensforcht zugleich / das sorgen für den bauch
Die gross abgötterey zu seiner zeit nicht strafen?
Was thut der arme mensch? jhn plagen ferne sorgen
Vnd ist doch vngewiß / ob er den nähsten morgen
Jn seiner schlaverey erlebet oder nicht?
Gott der die vögel speist / die blumen schmückt vnd zieret /
Verlässt den menschen nicht. Thu nur / was dir gebüret /
Traw jhm / vnd sorge nicht / er weiß / was dir gebricht.