M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette
Du sagest wol von vielen glaubens früchten /
Vnd lebest doch nicht wie man leben sol:
Du steckest selbst fast aller boßheit voll /
Vnd darfest noch den nähesten vernichten:
Du wilt ja zwar des nähsten händel schlichten /
Vnd lebest selbst in zwitracht / zorn vnd groll.
O heücheley: der leb erst selber wol
Vnd seh auf sich. wer andere wil richten /
Wer jederman nur tadeln wil vnd lehren /
Der muss gar oft sein eigne mängel höhren:
Wer gerne sieht / wird wiederumb gesicht.
Wer andre schilt / wer andre schimpft vnd strigelt /
Wird offtermals / wie er verdient / geprügelt
Drümb richte nicht / so wirst du nicht gerichtt.
Was schlägst du viel durch deinen blinden bann /
Den / der da nicht / wie du wohl gleübest / gleübet /
Den / der da nicht / wie du verbleibest / bleibet /
Jn deinem wan? ein frommer Christe kan
Wol seelig seyn / vnd steigen himmel=an /
Wann er schon nicht wie du wol schreibest / schreibet /
Auch alles nicht / wie du es treibest / treibet.
Die that beweist einn rechten Christen=mann.
Was vrtheilst du doch deines herren knecht?
Bedencke nur / wer hat in allem recht /
Was er vermeint. Ein mensche kan wol irren /
Drümb rath ich dir: verdamme den ja nicht /
Der Christum liebt. Wer weiss / was dir gebricht?
Des Herren wort wird keinen nicht verwirren.