M. Johannis Plavius - Lehr=Sonnette

51. Frewe dich mit den frölichen:

Ein Christe mag sich wol in seinem Gott’ erfrewen /
Wenn er / was jhm der Herr in gnaden hat beweist /
Mit danckbarkeit bedenckt: wenn man den höchsten preist /
Daß er / sich seiner kirch’ in güte zubezeigen /
Jst eingedenck gewest: wenn er der seinen schreyen
Genädig hat erhört: wenn jeder sich befleisst
(Der Gott vnd Christum liebt) der frewde / die der geist
Jm hertzen=tempel macht / denselben einzuweyhen.
Drümb / wo man sich im Herrn erfrewt vnd frölich ist
Vnd du zu solcher frewd auch eingeladen bist /
So thu / so viel du kanst / die frewde zu vermehren.
Vnd bist du gleich betrübt / weil es dir übel geht /
So halt dennoch an dich / dieweil es übel steht
Mit eigner trawrigkeit / gemeine frewde stöhren.

52. Trawre mit den trawrigen.

Wenn jeder trawrig ist / so wil sich ’s nicht gebühren /
Daß du dich lustig machst: dein süsser lautenklang
Jst doch zu solcher zeit nichts denn ein ohren=stanck:
Wenn jederman den leib mit kleidern aus zu zieren
Für leid vergessen hat / so stell’ auch dein stoltzieren
Vnd jubilieren ein: dein lieblicher gesang
Erjagt bey trawrigen dir weder lob noch danck:
Des nähsten schmertz vnnd leid sol auch dein hertze rühren.
Der Herr’ / eh denn er noch des Vaters reich empfieng
So bald er jemand sah’ / dem ’s etwan übelgieng /
Des nam er sich bald an vnd klaget’ jhn mit schmertzen.
Bist du nu Christi glied / vnd liebest seine schmach /
So folg’ auch deinem Herrn in diesem stücke nach /
Vnd nim des näh’sten leid vnd vngemach zu hertzen.

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